Bereits 10 Prozent aller Ausfalltage im Beruf gehen auf psychische Erkrankungen, die durch Zeitdruck und Stress ausgelöst werden, zurück. Vor rund 100 Jahren war das Wort Stress noch gar nicht bekannt. Der Begriff wurde erst in den 1930er Jahren durch den Stressforscher Hans Selye geprägt.
Was ist Stress?
Der Begriff Stress wird zum einen für bestimmte äußere Reize genutzt, die psychische und körperliche Reaktionen beim Menschen und bei anderen Lebewesen hervorrufen können. Diese äußeren Reize können auch als Stressoren bezeichnet werden. Zeitgleich steht der Begriff Stress aber auch für die körperlichen und psychischen Reaktionen, die durch die Stressoren hervorgerufen werden.
Stress – Ursachen
Hans Selye prägte auch die Definition des allgemeinen Anpassungssyndroms (AAS), das vielen stressbedingten Erkrankungen zugrunde liegt. Der Theorie zufolge reagiert der Organismus auf Stressoren mit einer körperlichen Antwort, die kurzzeitig die Widerstandskräfte erhöht. Mögliche Stressoren sind Lärm, erhöhter Leistungsdruck, Hunger, psychische Belastungen, Lärm oder Hitze. Hält der Einfluss der Stressoren über einen längeren Zeitraum an, sinkt jedoch die Widerstandskraft und es kommt zu körperlichen Schäden, die bis zum Tod reichen können. Stresshormone wie das Cortisol regeln die akute Anpassungsreaktion. Sie dienen der schnellen Bereitstellung von Energiereserven, Blutdruck und Puls erhöhen sich und es werden vermehrt Aminosäuren ins Blut abgegeben. Die Tätigkeit des Immunsystems wird hingegen unterdrückt. Der Körper wird so aktiver und leistungsbereiter. Auf diese Anpassungsreaktion folgt das Stadium des Widerstands. Der Körper versucht, die auslösenden Stressoren zu reduzieren und die ausgeschütteten Stresshormone wieder abzubauen. Gelingt dies nicht, kommt der Mensch in ein Erschöpfungsstadium. Aufgrund des andauernden Stresses können sich hier Schäden auf der körperlichen Ebene entwickeln.
Stress – Symptome
Die Symptome von Stress sind sehr vielfältig. Typisch sind Herz- und Kreislaufprobleme wie Herzrasen, Herzstolpern oder Bluthochdruck. Auch Atembeschwerden können auftreten. Aufgrund des Stresses erhöht sich häufig der Tonus der Muskulatur. Dadurch entstehen Verspannungen, die Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Rückenschmerzen und durch die muskuläre Dysbalance auch Gelenkschmerzen zur Folge haben können. Für eine gute Verdauung ist die Aktivität des parasympathischen Nervensystems erforderlich. Da unter Stress aber hauptsächlich das sympathische Nervensystem aktiv ist, können Symptome wie Durchfall, Verstopfung und Magenschmerzen auftreten. Auch der Reizdarm ist eine typische Erkrankung, die bei vermehrtem Stress auftritt. Ferner leiden gestresste Menschen häufig unter Sodbrennen. Einige Menschen reagieren auf Stress mit Heißhunger, andere wiederum eher mit Appetitlosigkeit. Durch die ständige Erhöhung der Stresshormone leiden gestresste Menschen oft unter Schlafstörungen. Diese können sich in Form von Einschlafstörungen, Ausschlafstörungen oder Durchschlafstörungen äußern. Typische Symptome sind zudem chronische Müdigkeit, ein verminderter Antrieb und ein Verlust der Libido. Sogar Erektionsstörungen können auftreten.
Doch nicht immer sind die Symptome so eindeutig, dass sie mit Stress in Verbindung gebracht werden können. Zuckungen, Muskelkrämpfe und Allergien haben zum Beispiel auf den ersten Blick keinen direkten Bezug zu Stress, treten aber im Rahmen der Stressreaktion öfter als Symptom auf. Chronischer Stress korreliert mit einer Insulinresistenz. Die Rezeptoren an den Körperzellen reagieren dabei nicht mehr adäquat auf das Insulin, das eigentlich die Glukose aus dem Blut in die Körperzellen befördern soll. Dadurch kann sich ein Diabetes mellitus Typ 2 entwickeln. Studien zeigen zudem, dass sich die Schübe bei der multiplen Sklerose, einer degenerativen Nervenerkrankung, unter Stresseinfluss verdoppeln. Zudem erhöht Stress das Risiko an Prostatakrebs, Brustkrebs, Alzheimer, Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erkranken.
Stress – Therapie
Chronischer Stress lässt sich in der Regel nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen abbauen. Zunächst einmal gilt es, die Stressoren zu identifizieren. Findet sich der Stress vorwiegend im Berufs- oder im Privatleben? Wichtig ist ein guter Ausgleich zwischen aktiven und passiven Phasen. Der Wechsel zwischen diesen Anspannungs- und Erholungsphasen sollte mehrmals täglich stattfinden. Mehrere Wochen durchzupowern, um dann eine Woche im Urlaub zu entspannen, ist also wenig zielführend. Gestresste Menschen sollten deshalb in ihren Alltag mehrere Ruhepausen einbauen. Dabei können Entspannungstechniken wie Yoga, die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder das Autogene Training hilfreich sein. Auch regelmäßige Meditation kann den Stresslevel positiv beeinflussen.
Ebenso wichtig ist aber auch ein körperlicher Ausgleich. In Bewegung kann der Körper die angestauten Stresshormone am besten abbauen. Beim Joggen, Rad fahren oder Schwimmen kann die zusätzliche Energie, die der Körper in der Stresssituation aufgebaut hat, gut abgebaut werden. So kann regelmäßiges Ausdauertraining zur Entspannung beitragen. Insbesondere Menschen, die berufsbedingt viel sitzen, profitieren von diesem Ausgleich. Auch sanfte fernöstliche Bewegungsformen wie Tai-Chi oder Qigong eignen sich zum Stressabbau.
Um dem Stress gesund gegenüberstehen zu können, ist körperliche Fitness unabdingbar. Stress ist ein echter Nährstoffräuber, sodass eine gesunde und ausgewogene Ernährung bei Stress besonders wichtig ist. Komplexe Kohlenhydrate aus Vollkorngetreide, Kartoffeln, Hülsenfrüchten und Gemüse liefern die benötigte Energie und zeitgleich auch verschiedene Nähr- und Vitalstoffe. Die Kohlenhydrate sollten mit Eiweißquellen ergänzt werden. Insbesondere die Vitamine A, C und E können Stressfolgen abpuffern. Deshalb sollte reichlich gelbes und grünes Gemüse und Obst auf dem Speiseplan stehen. Ein weiterer Nährstoff, der bei Stress vermehrt benötigt wird, ist Magnesium. Magnesium findet sich unter anderem in Sonnenblumenkernen, Mandeln und Cashewnüssen. Auch einige Sorten Mineralwasser enthalten viel Magnesium.
Wer schlecht zur Ruhe kommt, kann zudem auf Heilpflanzen zurückgreifen. Der Klassiker ist sicherlich Baldrian. Baldrian macht nicht wie oft behauptet müde, sondern wirkt entspannend, beruhigend und ausgleichend. Weitere Heilpflanzen, die sich zur Linderung von stressbedingten Symptomen eignen, sind Melisse, Passionsblume, Taigawurzel, Lavendel, Rosenwurz, Melisse, Johanniskraut und Hopfen.
Sollte der Stress jedoch überhand nehmen und eventuell sogar in einem Burnout oder in einer Depression enden, kann professionelle Hilfe in Form einer Psychotherapie erforderlich sein. Als besonders effektiv hat sich hier die Verhaltenstherapie erwiesen. Dabei erlernen die Betroffenen verschiedene Stressbewältigungstechniken und erhöhen so ihre Resilienz. Greifen diese Maßnahmen alleine nicht, können Psychopharmaka zum Einsatz kommen. Da diese aber häufig Nebenwirkungen haben, sollten sie nur nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung durch den Arzt verabreicht werden.
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