Die Migräne gehört zu den neurologischen Erkrankungen und geht mit heftigen Kopfschmerzattacken einher. Typischerweise betreffen diese Schmerzen nur eine Hälfte des Kopfes.
Was ist Migräne?
Der Begriff Migräne bezeichnet Kopfschmerzen, die anfallsweise auftreten. Diese Schmerzanfälle werden auch Migräneattacken genannt. Die Kopfschmerzen werden typischerweise von anderen Symptomen wie Lichtempfindlichkeit, Schwindel oder Übelkeit begleitet. Teilweise gehen den eigentlichen Migräneattacken Sehstörungen oder ähnliche Symptome voraus. Diese Symptome werden in der medizinischen Fachsprache als Aura bezeichnet.
In Deutschland leiden rund acht Millionen Menschen unter einer Migräne. Frauen sind fast dreimal so häufig betroffen wie Männer. Während in den europäischen Staaten und in den USA die Migräne ungefähr gleich häufig auftritt, leiden in Asien, Afrika und Südamerika weniger Menschen unter den schmerzhaften Attacken.
In der Regel wird die Diagnose Migräne bei Menschen zwischen dem 25. und dem 45. Lebensjahr gestellt. Allerdings kann die Erkrankung auch bereits im Kindes- und im Säuglingsalter auftreten. Während vor der Pubertät Mädchen und Jungen noch gleich häufig an Migräne erkranken, steigt die Prävalenz, also das Erkrankungsrisiko, nach der Pubertät beim weiblichen Geschlecht deutlich an. Es ist jedoch noch nicht klar, ob diese statistischen Zahlen repräsentativ sind. Es wird vermutet, dass Männer vor allem an nichtklassischen Formen der Migräne leiden und die Dunkelziffer somit aufgrund falscher Diagnosen recht hoch ist.
Migräne – Ursachen
Die genauen Ursachen der Migräne sind noch nicht geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Theorien, die sich mit der Entstehung der Erkrankung beschäftigen. So wird vermutet, dass Migräne zumindest zu Teilen auf Durchblutungsstörungen im Gehirn basiert. Dafür spricht unter anderem, dass die sogenannten Triptane, Medikamente, die zu einer Verengung der Gefäße im Gehirn führen, Migräneschmerzen lindern können. Allerdings gehen nicht alle Migräneformen mit einer veränderten Durchblutung einher, sodass es durchaus möglich ist, dass die Durchblutungsstörungen nicht Ursache, sondern Folge der Migräne sind.
Da die Anzahl der Menschen mit Migräne in den letzten 40 Jahren deutlich zugenommen hat, vermuten Experten, dass sowohl der Lebensstil als auch Umweltfaktoren bei der Entstehung der Erkrankung eine wesentliche Rolle spielen. Häufig fungieren Umweltbedingungen als sogenannte Trigger. Trigger sind Faktoren, die eine Migräne auslösen können. Sie unterscheiden sich von Patient zu Patient. Zu den häufigen Auslösern gehören Stress, zu viel Schlaf, Unregelmäßigkeiten im Biorhythmus und Schlafmangel. Einige Patienten entwickeln erst dann Migräneanfälle, wenn der Stress von ihnen abfällt. Diese Form der Migräne wird auch als “Wochenendmigräne” bezeichnet. Neben Geruchsreizen gehören auch Wetterschwankungen zu den äußeren Schlüsselreizen, die einen Anfall provozieren können.
Einer der wichtigsten auslösenden Faktoren bei Frauen sind hormonelle Schwankungen. Bei vielen Frauen tritt die Migräne im Menstruationszyklus in der späten lutealen Phase auf. Frauen, die die “Pille” einnehmen, leiden insbesondere während der einnahmefreien Zeit unter Migräneattacken. Zudem erkennen fast 70 Prozent der Patienten einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Lebens- und Genussmitteln und den schmerzhaften Attacken. Wichtigster Schlüsselreiz aus dieser Gruppe ist Alkohol. Aber auch histaminhaltige und serotoninhaltige Lebensmittel wie Schokolade, Käse oder Rotwein provozieren oft einen Anfall. Da die auslösenden Faktoren der Migräne sehr individuell sind, wird den Betroffenen empfohlen, ein Kopfschmerztagebuch zu führen. So können sie Zusammenhänge zwischen Triggern und Migräneattacken leichter erkennen.
Migräne – Symptome
Ein Migräneanfall kann sehr unterschiedlich verlaufen und gliedert sich meist in unterschiedliche Phasen. Jede Phase dauert unterschiedlich lang und nicht immer müssen im Verlauf des Anfalls alle Phasen auftreten. Häufig kündigen sich die Anfälle mehrere Stunden oder Tage vorher an. Zu den Vorboten der Migräneattacke gehören psychische, neurologische und vegetative Symptome. Am häufigsten leiden die Betroffenen unter Müdigkeit und Geräuschempfindlichkeit. Auch ständiges Gähnen ist ein charakteristisches Vorbotensymptom.
Vielfach kommt es auch zu Magen-Darm-Störungen wie Verstopfung oder Heißhunger auf verschiedene Nahrungsmittel. Bei rund 15-20 Prozent aller Migränepatienten geht den Schmerzen zudem die sogenannte Auraphase voraus. Diese darf nicht mit der Vorbotenphase verwechselt werden. Die Symptome sind gänzlich verschieden. So beschreiben Patienten mit Auramigräne visuelle Störungen wie Verlust des räumlichen Sehens oder unscharfes Sehen als Aurasymptome. Auch der Verlust der Sensibilität in den Extremitäten und Kribbelgefühle können auftreten. Zusätzlich können das Geruchsempfinden, der Gleichgewichtssinn und die Sprachfähigkeit beeinträchtigt sein. Teilweise zeigen sich in der Auraphase sehr starke visuelle Symptome. Diese werden auch als Alice-im-Wunderland-Syndrom bezeichnet.
In der Kopfschmerzphase tritt der eigentliche Kopfschmerz auf. In etwa 70 Prozent der Fälle ist dieser halbseitig und zeigt sich im Bereich von Auge, Schläfe und Stirn. Die Patienten beschreiben diesen Schmerz als pulsierend. Bei körperlicher Betätigung nehmen die Schmerzen zu, während sie durch Ruhe oder Dunkelheit gelindert werden können. Die Kopfschmerzen treten im Anfall häufig zusammen mit Symptomen wie Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Lichtscheu, Geräuschempfindlichkeit und Geruchsempfindlichkeit auf. Die Patienten erscheinen blass und abgeschlagen. Die Dauer der Kopfschmerzphase kann zwischen einer Stunde und mehreren Tagen variieren und ist abhängig vom Patienten und von der Art der Migräne. Einige Sonderformen der Migräne verlaufen komplett ohne Kopfschmerzen. Von dieser typischen Aura ohne Migränekopfschmerz sind überwiegend Männer betroffen.
Migräne – Therapie
Bei der Migränetherapie kann zwischen einer prophylaktischen und einer Behandlung im Akutfall unterschieden werden. Den Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (DMKG) zufolge, können zur Therapie im Akutfall sowohl entzündungshemmende, als auch schmerzlindernde Medikamente zum Einsatz kommen. Zu den empfohlenen Medikamenten gehören Schmerzmittel aus der Gruppe der Nichtopioid-Analgetika wie Paracetamol und Ibuprofen. Auch spezifische Migränetherapeutika, sogenannte Triptane wie Sumatriptan oder Eletriptan, kommen als Mittel der ersten Wahl zum Einsatz. Nichtopioid-Analgetika werden insbesondere bei leichten bis mittelschweren Migräneformen genutzt. Sowohl bei der längerfristigen Verwendung von Triptanen als auch beim längerfristigen Einsatz von Nichtopioid-Analgetika kann sich ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz entwickeln. Mutterkornalkaloide sind aufgrund ihrer geringeren Wirkung und des breiten Nebenwirkungsspektrums in der Migränetherapie nur noch Mittel zweiter Wahl. Arzneimittel mit Mutterkornalkaloiden sind insbesondere bei länger andauernden Migräneanfällen und bei einer bereits wirksamen Anwendung von Mutterkornalkaloiden in der Krankengeschichte des Patienten indiziert.
Falls die Migräne mit gastrointestinalen Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen einhergeht, kann die Kombination von einem Schmerzmittel mit einem Antiemetikum sinnvoll sein. Antiemetika wie Domperidon oder Metoclopramid fördern zum einen die Aufnahme des Schmerzmittels und lindern zum anderen die gastrointestinalen Begleitsymptome.
Die medikamentöse Therapie im Akutfall sollte durch nichtmedikamentöse Maßnahmen unterstützt werden. Die Patienten sollten sich möglichst in einem geräuscharmen und abgedunkelten Raum aufhalten. Aromatherapie und Autogenes Training können zusätzlich Linderung verschaffen.
Die Migräneprophylaxe wird in der anfallsfreien Zeit durchgeführt. Sie soll die Häufigkeit oder die Intensität der Migräneattacken senken. Da die medikamentösen Prophylaxemaßnahmen häufig mit Nebenwirkungen behaftet sind, sollte eine gründliche Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen. Insbesondere bei Patienten, die mehr als drei Attacken pro Monat erleiden oder unter sehr langen Migräneanfällen leiden, kann eine medikamentöse Migräneprophylaxe sinnvoll sein. Mittel der ersten Wahl sind Betablocker. Die beste prophylaktische Wirkung zeigt sich bei den Wirkstoffen Metoprolol und Propranolol. Diese hemmen die ß-Adrenozeptoren im zentralen Nervensystem (ZNS). Betablocker kommen vor allem bei Patienten zum Einsatz, die neben der Migräne auch unter Bluthochdruck leiden. Die prophylaktische Wirkung des Calciumantagonisten Flunarizin konnte ebenfalls wissenschaftlich belegt werden. Für andere Calciumkanalblocker liegen hingegen keine Daten über die Wirksamkeit vor. Antiepileptika können nicht nur epileptische Anfälle verhindern, sondern sorgen auch für einen Rückgang der Migräneanfälle. Trotz der breiten Nebenwirkungen gehören auch Antiepileptika zu den Mitteln der ersten Wahl. Sie sollten allerdings nur dann eingesetzt werden, wenn eine Therapie mit Betablockern nicht möglich ist.
Eine migräneprophylaktische Wirkung zeigt sich zudem bei dem Antidepressivum Amitriptylin, bei dem Nichtopioid-Analgetikum Naproxen und bei den Antihypertensiva Lisinopril und Candesartan.
Das traditionell angewendete natürliche Heilmittel Pestwurz wurde als Mittel der zweiten Wahl eingestuft. Die migräneprophylaktische Wirksamkeit der Pestwurz konnte in zwei Studien belegt werden. Zahlreiche Studien zeigen zudem, dass die Akupunktur in der Migräneprophylaxe einen wertvollen Beitrag leisten kann. Dasselbe gilt für die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder die Biofeedback-Methode. Auch Yoga, Autogenes Training, eine Ernährungsumstellung und moderater Ausdauersport können die Intensität und die Häufigkeit von Migräneanfällen reduzieren.
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