Binge Eating ist eine schwere Erkrankung, bei der Betroffene die Kontrolle über ihr Essverhalten verloren haben. Nur wenn die Ursachen bekannt sind, kann dem Patienten geholfen werden.
Binge Eating zählt zu den Essstörungen und damit zu Krankheitsbildern, die ernst genommen und gezielt behandelt werden müssen. Betroffene leiden unter unkontrollierten Essanfällen. Binnen kurzer Zeit werden riesige Nahrungsmengen aufgenommen. Dabei besteht das Gefühl, sein Essverhalten nicht mehr kontrollieren zu können. Es handelt sich um die am weitesten verbreitete Essstörung. Am häufigsten sind übergewichtige Personen betroffen. Was genau unter dieser Erkrankung zu verstehen ist und wie Betroffene diesem Teufelskreis entrinnen können, klären wir im folgenden Ratgeber.
Was ist Binge Eating?
Der Begriff kommt aus dem englischen. „Binge“ steht dabei für „Gelage“. Die Störung kann deshalb als übermäßiges Essensgelage mit Kontrollverlust definiert werden. Da keine Maßnahmen erfolgen, das Gewicht zu reduzieren, neigen Betroffene zu Übergewicht, was weitere Folgeerkrankungen nach sich ziehen kann.
Der Verlauf der Erkrankung ist recht unterschiedlich. Betroffene bleiben häufig über mehrere Monate symptomfrei. Darauf können Phasen folgen, in denen es zu einer ausgeprägten Essstörung kommt. Wer an Binge Eating leidet, kann über mehrere Stunden Nahrung aufnehmen und im Anschluss nicht mehr genau sagen, wann es zu dem Anfall kam und wie viel Nahrung aufgenommen wurde.
Die Essstörung tritt erstmals zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auf. Bei circa einem Drittel der Betroffenen handelt es sich um Männer. Bislang wurde bezüglich der Essstörung wenig geforscht. Lange Zeit galt das unkontrollierte Essverhalten nicht als eigenständige Erkrankung.
Es wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Die Störung entwickelt sich schleichend. Die Betroffenen besitzen Schamgefühle und halten ihr Essverhalten vor Familie und Freunden geheim. Professionelle Hilfe wird meist erst nach Jahren gesucht und kostet den Betroffenen eine große Überwindung.
Welche Ursachen hat Binge Eating?
Da es bislang noch an hinreichenden Studien fehlt, sind die Ursachen nicht klar zu definieren. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen wird die Essstörung von Depressionen begleitet. Ob die psychischen Probleme als Auslöser für die Essstörung gelten oder umgekehrt, kann aktuell nicht gesagt werden.
Weiterhin gilt es, den Zusammenhang zwischen Binge Eating und Diäten näher zu untersuchen. Fest steht jedoch, dass Essanfälle durch Stress, Wut, Langeweile oder Angst ausgelöst werden können.
Es wird davon ausgegangen, dass die Ursache von Binge Eating im Zusammenspiel folgender Faktoren zu suchen ist:
Faktoren | Beispiele |
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körperliche Faktoren |
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persönliche Faktoren |
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familiäre Faktoren |
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Wie äußert sich die Essstörung?
Binge Eating ist von unkontrolliert verlaufenden Essanfällen gekennzeichnet. Dabei haben Betroffene das Gefühl, die Kontrolle über die Nahrungsaufnahme zu verlieren und das Essen nicht mehr stoppen zu können. Die Attacken treten unabhängig von einem möglichen Hungergefühl auf. Es wird nicht nur deutlich mehr Nahrung als gewohnt aufgenommen, die Betroffenen essen auch viel schneller als sonst üblich.
Es wird darauf geachtet, die Nahrung allein aufzunehmen und sein unkontrolliertes Essverhalten vor anderen Menschen geheim zuhalten. Ist der Essanfall vorüber, wird der Betroffene von Schuldgefühlen geplagt und ekelt sich häufig vor sich selbst.
Im Gegensatz zur Symptomatik bei Magersucht und Bulimie wird nur selten etwas unternommen, das Gewicht zu regulieren. Betroffene treiben weder Sport noch befassen sie sich mit Diäten oder führen nach der Nahrungsaufnahme das Erbrechen herbei.
Binge Eating – Diagnose
Da Betroffene ihr Essverhalten verheimlichen, merkt die Familie oft lange Zeit nichts von einer möglichen Störung. Der Erkrankte muss aus eigener Initiative einen Arzt aufsuchen. Der Mediziner wird zunächst in einem ausführlichen Gespräch das Essverhalten des Patienten analysieren.
Die Diagnose untermauern folgende Fakten:
- Die Essstörung hält mindestens ein halbes Jahr an und tritt mehrmals wöchentlich auf.
- Es kommt zu wiederholten übermäßigen Essattacken.
- Ein Gefühl des Kontrollverlustes begleitet die Anfälle.
- Nach den Essattacken plagen Ekel und Schamgefühle.
Es folgt eine körperliche Untersuchung. Der BMI wird berechnet und es gilt, mögliche Folgeerkrankungen auszuschließen. Hierfür wird es notwendig sein, dem Patienten Blut abzunehmen und eine Bestimmung der Blutfett- und Harnsäurewerte vorzunehmen. Die Überprüfung des Blutdrucks und die Durchführung eines EKGs geben Aufschluss, ob das Herz-Kreislaufsystem angegriffen ist.
Verlauf Folgen von Binge Eating
Die Essstörung ist von einem großen Leidensdruck begleitet. Die Betroffenen ziehen sich zurück, um ihr Essverhalten verheimlichen zu können. Soziale Kontakte und persönliche Interessen werden vernachlässigt. Da große Mengen an Nahrungsmitteln angeschafft werden müssen, kann es zu finanziellen Problemen kommen.
In Ausnahmefällen kann Binge Eating tödlich enden. Das Risiko ist gegenüber der Magersucht zwar geringer, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Wird die Essstörung von psychischen Erkrankungen begleitet, wächst das Suizid-Risiko.
Welche Begleiterkrankungen sind möglich?
Der Körper wird durch die unkontrollierten Essattacken stark belastet. Es kommt zu einer Gewichtszunahme. Übergewicht gilt als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Störungen, Gelenkverschleiß oder Diabetes.
Folgende Symptome und Erkrankungen können auftreten:
- Müdigkeit
- Abgeschlagenheit
- Atemprobleme
- Innere Unruhe
- Herz – Kreislaufprobleme
- Erkrankungen des Bewegungsapparates
- Komplikationen während der Schwangerschaft
Vorhandene Depressionen oder Angstgefühle können sich durch Binge Eating verstärken. Durch die Verhaltensänderungen und den emotionalen Konflikt, welche die Erkrankung begleiten, können psychische Störungen auch erstmals auftreten.
Binge Eating behandeln
Wird Binge Eating frühzeitig behandelt, bestehen gut Aussichten auf eine Verbesserung der Beschwerden. Auch eine Heilung ist nicht ausgeschlossen. Die Behandlung zielt darauf ab, die Auslöser der Essstörung zu definieren und für deren Vermeidung zu sorgen. Der Patient muss für ein bewusstes und gesundes Essverhalten sensibilisiert werden. In den meisten Fällen ist die Gewichtsabnahme ein vordergründiges Thema.
Die Behandlung erfolgt überwiegend ambulant. Bei ausgeprägten Essstörungen oder möglichen Begleiterkrankungen erscheint die stationäre Aufnahme angemessen. Rückfälle sind trotz erfolgreicher Behandlung nicht ausgeschlossen. Die Behandlung beim Allgemeinmediziner wird vorwiegend von einer Psychotherapie begleitet. Eine Ernährungstherapie kann helfen, eine Änderung und Anpassung des Essverhaltens zu bewirken.
Kann man Binge Eating vorbeugen?
Ein bewusstes Essverhalten kann einer Essstörung vorbeugen. Dazu gehören regelmäßige Mahlzeiten zu festen Zeiten und eine bewusste Auswahl der Lebensmittel. Das Essen soll als Genuss verstanden und in Ruhe eingenommen werden.
Für eine bewusste Körperwahrnehmung bieten sich Entspannungstechniken wie Yoga oder autogenes Training an. Dabei lernt man auch mit Hungergefühlen umzugehen und die Signale seines Körpers richtig zu deuten.
Um das Selbstbewusstsein zu stärken, sind soziale Kontakte wichtig. Die Ausübung eines Hobbys oder der Lieblingssportart sorgen für Abwechslung und setzen positive Gefühle frei. Liegt die Priorität im Alltag nicht auf den Themen Gewicht und Essen, wird der Gedanke an unkontrollierte Essanfälle gar nicht erst aufkommen.
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