Atypischer Gesichtsschmerz
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Krankheiten

Atypischer Gesichtsschmerz – anhaltender idopathischer Schmerz

Der atypische oder auch idopathische Gesichtsschmerz ist ein schwer zu diagnostizierender Schmerz mit unterschiedlichen Symptomen und Ursachen.

Schmerzt das Gesicht, wird nach der Ursache gesucht. Beim atypischen Gesichtsschmerz kann sich dies jedoch zu einer wahren Odyssee für die Betroffenen entwickeln. Ärzte stehen vor einem Rätsel, denn organische Ursachen lassen sich nicht finden. Nicht selten kommt es zu Fehldiagnosen. Betroffene Patienten durchleben eine physische wie psychische Leidensgeschichte. Wir klären über die Erkrankung auf und geben Tipps zu Umgang und Verhalten bei atypischem Gesichtsschmerz.

Was ist atypischer Gesichtsschmerz?

Als atypischer Gesichtsschmerz werden chronische Schmerzen im Gesicht bezeichnet, für die keine Krankheitsursache gefunden werden kann. Mediziner bezeichnen dieses Krankheitsbild auch als idiopathischer Gesichtsschmerz.

Die Schmerzen können von ausgeheilten Verletzungen im Gesichtsbereich oder Eingriffen an Zähnen und Kiefer herrühren. Konkrete Schädigungen lassen sich jedoch nicht mehr feststellen. Auch neurologische Untersuchungen bleiben meist ohne Befund.

Mehr als 90 Prozent aller Betroffenen werden täglich von Gesichtsschmerzen geplagt. Die Schmerzen verlaufen einseitig und lassen sich nur schwer eingrenzen. In wenigen Fällen setzen die Beschwerden für einige Monate aus, um anschließend erneut aufzutreten.

Die meisten Patienten mit atypischem Gesichtsschmerz sind Frauen. Meist trifft es Frauen im Alter zwischen 30 und 60 Jahren.

Ursachen für atypischen Gesichtsschmerz

Die Ursachen von atypischem Gesichtsschmerz können nicht eindeutig genannt werden. Mehr als die Hälfte der Betroffenen zeigt neben den körperlichen Symptomen auch psychische Auffälligkeiten.

Dies lässt sich mit dem enormen Leidensdruck, der auf den Schmerz geplagten Patienten haftet, erklären. Sie konsultieren nicht selten zahlreiche Ärzte, ohne Hilfe zu erhalten. Depressionen und Angstgefühle bleiben häufig nicht aus.

Mediziner finden diesbezüglich weitere Erklärungsversuche. Es wird vermutet, dass es am Trigeminusnerv zu Veränderungen kommt, die eine Senkung der Schmerzschwelle nach sich ziehen. Der Hirnnerv nimmt im Gesicht auftretende Wahrnehmungen auf und leitet diese an das Gehirn weiter.

Forscher vermuten auch, dass eine Ursache für atypischen Gesichtsschmerz in mikroskopisch kleinen Verletzungen des Trigeminusnervs zu suchen ist. Die kleinen Verletzungen können einen Dauerreiz auslösen, den der geschädigte Nerv nicht mehr unterdrücken kann. Folglich werden fortlaufend Schmerzsignale zum Gehirn geschickt.

Es kommt auch vor, dass chronische Gesichtsschmerzen im Rahmen von allgemeinen Schmerzerkrankungen auftreten. Auch wenn eine psychische Ursache für den atypischen Gesichtsschmerz ausgeschlossen werden kann, bringen sich psychologische Therapieansätze ins Gespräch, damit Patienten die mit dem Dauerschmerz in Verbindung stehende seelische Belastung besser kontrollieren zu können.

Symptome für atypischen Gesichtsschmerz

Betroffene leiden mindestens zwei Stunden täglich an gleichbleibenden Schmerzen im Gesicht. Nachts treten kaum Beschwerden auf. Der Schmerz wird als brennend, bohrend und tief sitzend beschrieben.

Die Schmerzen konzentrieren sich auf Mund, Nase und Oberkiefer. Auch das Kinn oder der Nacken können betroffen sein. Selten treten plötzliche Schmerzattacken auf. Der Gesichtsbereich reagiert überempfindlich. Bereits eine Berührung wird als schmerzhaft wahrgenommen.

Verlauf der Erkrankung

Durchschnittlich sieben Ärzte werden von jedem Betroffenen konsultiert. Eine Vielzahl an Behandlungsansätzen und Untersuchungen lassen die Patientenakten der Betroffenen wachsen.

Da sie teils unter heftigem Leidensdruck stehen, drängen viele Patienten auf Injektionen, Zahnbehandlungen oder operative Eingriffe am Ohr. Derartige Eingriffe können zu Schäden an Bändern, Nerven und Muskeln führen und die Diagnosestellung weiter erschweren.

Diagnose von atypischem Gesichtsschmerz

Die Diagnose von atypischen Gesichtsschmerzen ist mit einem hohen Aufwand verbunden. Es muss nach dem Ausschluss-Verfahren vorgegangen werden. Zunächst müssen die Befunde von Zahnarzt, Augenarzt und HNO vorliegen. Konnte keine Ursache gefunden werden, schließen sich die neurologischen Untersuchungen an.

Es gilt, andere Arten von Kopfschmerzen und mögliche Tumore auszuschließen. Bildgebende Verfahren wie Computer- oder Kernspin-Tomographie können die Untersuchungsergebnisse untermauern.

Erst wenn alle möglichen Ursachen ausgeschlossen werden können, kann ein atypischer Gesichtsschmerz sicher diagnostiziert werden.

Behandlung bei atypischem Gesichtsschmerz

Einen atypischen Gesichtsschmerz mit Medikamenten zu behandeln, erweist sich als schwierig. Meist spricht der Schmerz nicht oder nur sehr gering auf die Präparate an. Die besten Erfahrungen wurden mit trizyklischen Antidepressiva gemacht. Diese Medikamente werden auch bei Spannungskopfschmerzen verordnet und können die Schmerzverarbeitung im Gehirn beeinflussen.

Trizyklische Antidepressiva haben den Vorteil, auch die psychischen Probleme der Patienten lindern zu helfen. Um den Schmerz zu lindern, werden häufig auch krampflösende Medikamente eingesetzt.

Neben einer Schmerzbehandlung wird begleitend häufig eine Verhaltenstherapie verordnet. Betroffene lernen unter psychologischer Begleitung, mit den Schmerzen besser umzugehen.

Die Behandlung zielt auf die allgemeine Schmerzlinderung ab. Eine Heilung gelingt bislang nur in seltenen Fällen. Selbst starke Schmerzmittel zeigen wenig Wirkung. Für die Wirksamkeit von autogenem Training, Physiotherapie, Chirotherapie oder Hypnose fehlt es aktuell an klinischen Studien.

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