Nachtblindheit kann unterschiedliche Ursachen haben. Wer nicht sicher ist, ob er nachtblind ist, sollte einen Augenarzt aufsuchen.
Nicht umsonst sind Reflektoren aus dem Straßenverkehr auch unter dem Begriff „Katzenaugen“ bekannt. Ebenso wie unsere beliebten Haustiere es können, werfen sie Strahlen zurück zur Lichtquelle. Das menschliche Auge hingegen ist dazu nicht in der Lage und sieht aus diesem Grund grundsätzlich schlechter in der Dunkelheit als bei Tage. Was jedoch ist der Unterschied zum Krankheitsbild der Nachtblindheit? Und was genau versteckt sich hinter diesem medizinischen Fachterminus?
Wie funktioniert das menschliche Auge?
Grundsätzlich sieht das gesunde menschliche Auge bei Tageslicht klar und in Farben. Verantwortlich dafür sind unsere sogenannten Zapfenzellen, die allerdings mit Einbruch der Dunkelheit ihre Arbeit einstellen und den Stab im wahrsten Sinne des Wortes an die Stäbchenzellen übergeben. Auch diese Zelltypen liegen in der Netzhaut unserer Augen und ermöglichen, dass wir bei schlechten Lichteinfällen zumindest Hell und Dunkel unterscheiden können. Maximal 25 Minuten dauert diese sogenannte „Dunkeladaption“, danach haben sich unsere Augen an die neue Situation gewöhnt und können bis zu 500 unterschiedliche Schattierungen wahrnehmen und Umrisse erkennen.
Verantwortlich für die Verarbeitung der unterschiedlichen Lichtintensitäten zeichnet der Fotorezeptor Rhodopsin. Er besteht aus zwei Molekülen unterschiedlicher Struktur und aktiviert Nervenzellen, die die eingehenden Impulse verarbeiten und je nach Lichtstärke Farbreize erkennen oder unsere Sehfähigkeit auf ein Schwarz-Weiß-Sehen limitieren. Während also alle Menschen bei Nacht schlechter sehen als am Tage, gibt es Einzelfälle, denen es in der Dunkelheit fast komplett an optischer Orientierung fehlt.
Was genau bedeutet Nachtblindheit?
Die Betroffenen leiden an unverhältnismäßig starken Sehstörungen – und das ausschließlich in der Nacht. Im Straßenverkehr blenden Laternen und Scheinwerfer in besonderem Maße, große Lichtkreise um kleine Beleuchtungen lassen die Objekte bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen. Abhängig von den Ursachen und der Ausprägung des Krankheitsbildes können neben diesen grundlegenden Anzeichen weitere Symptome auftreten.
Im Unterschied zur üblicherweise eingeschränkten Sehfähigkeit am Abend wird Nachtblindheit durch einen nahezu gesamten Verlust des bei Tage guten Sehvermögens bestimmt.
Ärztliche Untersuchung schafft Klarheit
Nach aktuellen Schätzungen leiden landesweit rund 20 Prozent aller Autofahrer im Alter von über 60 Jahren unter Sehstörungen in der Nacht. Werden diese auch klar vom Krankheitsbild der Nachtblindheit unterschieden, ist die Grenze zwischen einem allgemein schlechteren Sehvermögen im Dunkeln und einer medizinisch definierten Nachtblindheit teils dennoch fließend. Sie wird anhand mehrfacher Untersuchungen durch einen Augenarzt festgestellt:
- Anamnese: Darlegung der Beschwerden und Krankengeschichte
- Skala: Inwieweit können Schattierungen wahrgenommen werden? Sind beide Augen betroffen?
- Adaptometer-Test: Wie lange benötigt der Patient zur Dunkeladaption? Bei welcher Lichtintensität stellen die Augen ihre Arbeit ein?
- Elektroretinogramm: Wie reagieren die Stäbchenzellen auf ankommendes Licht?
- Messungen der alltäglichen Sehschärfe und Farbqualität
- Überprüfung des Gesichtsfeldes
Nach Auswertung aller Resultate ist es dem Arzt möglich, das Ausmaß der Schädigungen in der Augennetzhaut exakt zu bestimmen und damit eine Nachtblindheit festzustellen oder auszuschließen.
Betroffen? – Verhaltenstipps bei Dunkelheit
- Auto stehen lassen
- Begleitung suchen
- Taschenlampe nutzen: Das zusätzliche Licht aktiviert die Zapfenzellen zur Bildwahrnehmung
Vererbung, Vorerkrankung, Vitamin-A-Mangel
Die geschädigten Stäbchenzellen können genetisch bedingt bereits im Säuglingsalter auftreten oder sich im Laufe des Lebens als Folge anderer Sehstörungen oder aufgrund eines Vitamin-A-Mangels einstellen. Abhängig von der Ursache, kann sich das Ausmaß einer Nachtblindheit mit der Zeit verschlechtern oder auf einem gleichbleibenden Niveau einpendeln, in kaum einem Fall werden Verbesserungen festgestellt.
Zu den durch Vererbung übertragenen Netzhauterkrankungen zählen unter anderem die kongenitale stationäre Nachtblindheit oder auch das Oguchi-Syndrom (Morbus Oguchi). Während hier in der Regel keine zusätzlichen Anzeichen neben den eingangs genannten Indikatoren vorliegen, können andere eigenständige Vorerkrankungen der drastischen Sehschwäche weitere Symptome bedingen:
- Leber-Amaurose: unwillkürliches Augenzittern (Nystagmus)
- Fundus albipunctatus: zunehmende Farbenblindheit
- Retinitis pigmentosa: Gesichtsfeldverlust
Auch der Graue Star, eine Hornhauttrübung oder Diabetes mellitus können eine Nachtblindheit nach sich ziehen.
Zu wenig Vitamin A
Neben einer genetischen oder durch Vorerkrankungen beeinflusste Nachtblindheit liegt eine dritte Ursache der Sehstörungen infolge eines Vitamin-A-Mangels: Der Nährstoff beeinflusst den gesunden Zellaufbau des Photopigments Rhodopsin. Durch die Möglichkeit einer ausgewogenen Ernährung in der westlichen Welt, sowie des natürlichen Vitamin-A-Speichers in der menschlichen Leber, tritt eine Nachtblindheit durch eine Mangelernährung in Deutschland allerdings äußerst selten und fast ausschließlich in Verbindung mit Schwangerschaften, Essstörungen oder Bauchspeicheldrüse- oder Darmerkrankungen auf.
Ein weiterer Unterschied: Dem Mangel kann durch eine vermehrte Aufnahme des Vitamins entgegengewirkt und die Nachtblindheit so erfolgreich bekämpft werden. In allen anderen Fällen ist Nachtblindheit nach heutigem Kenntnisstand nicht reparabel.
Heilungschancen: aktuell und künftig
Bei wem eine Nachtblindheit aus einem anderen Grund als einem Mangel an Vitamin A diagnostiziert wurde, stehen die Heilungschancen derzeit noch schlecht. Bislang schlugen alle Therapiebemühungen fehl. Doch es gibt Hoffnung. Experten setzen künftig auf innovative Behandlungsformen, wie eine Stammzellentransplantation, oder die Verwendung elektronischer Netzhautimplantate.
Zusammenfassung
- Anzeichen: überproportional eingeschränkte Sehfähigkeit
- Diagnose: spezielle Überprüfungen durch medizinische Fachkräfte
- Ursachen: Gene, Folgebeschwerden oder Vitamin-Armut
- Therapien: in der Entwicklung
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