Hämophilie ist meist erblich bedingt und äußert sich in einer gestörten Blutgerinnung. Je nach Ausprägung kann es sogar zu gefährlichen inneren Blutungen kommen. Zwar ist die Bluterkrankheit nicht heilbar, sie lässt sich aber gut behandeln.
Bei der Hämophilie oder Bluterkrankheit handelt es sich um eine Erbkrankheit. Sie führt zu einer gestörten Blutgerinnung und tritt überwiegend bei Männern auf. Bei den Patienten gerinnt das Blut nicht oder mit starker Verzögerung. Manche der von Hämophilie betroffenen Menschen leiden unter spontanen Blutungen, die sich ohne sichtbare Wunden auftreten. Hämophile neigen dabei vor allem zu inneren Blutungen. Bei ihnen entstehen schnell Blutergüsse. Aufgrund der schwerwiegenden Symptome lag ihre Lebenserwartung im vorigen Jahrhundert bei weniger als 30 Jahren. Obgleich bislang keine Heilung für die Hämophilie existiert, führen Erkrankte dank moderner Therapiemöglichkeiten ein weitgehend normales Leben.
Welche Formen unterscheiden sich bei der Hämophilie und wie entstehen sie?
Die Bluterkrankheit unterteilt sich in die Formen A und B. Beide liegen abhängig von der Ausprägung der Symptome in unterschiedlichen Schweregraden vor:
Hämophilie A | Hämophilie B |
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Sie ist die häufigste Form der Bluterkrankheit. Den Betroffenen fehlt der Gerinnungsfaktor VIII oder er weist eine verminderte Aktivität auf. 50 Prozent der Hämophilie-A-Patienten bedürfen einer Behandlung. Bei ihnen treten mittelschwere und schwere Krankheitsverläufe auf. Erste Symptome können direkt nach der Geburt in Form einer Nabelschnurblutung auftreten. | Patienten, die unter dieser Form der Bluterkrankheit leiden, fehlt es am Gerinnungsfaktor IX. Typ B macht 15 Prozent aller Hämophilen aus und tritt deutlich seltener als die A-Form auf. |
Erbliche Hämöphilie
Grundsätzlich entsteht die Bluterkrankheit durch Vererbung. Die Betroffenen leiden unter einem Mangel bestimmter Gerinnungsfaktoren, wodurch ihr Blut nicht oder nur langsam gerinnt. Dieser Mangel beruht auf einem fehlenden Gen im jeweiligen Gerinnungsfaktor. Die Erbanlagen liegen auf dem X-Chromosom. Die Zellen im weiblichen Körper besitzen zwei X-Chromosomen. Bei Männern weisen sie ein X-Chromosom auf.
Besitzen Frauen ein defektes X-Chromosom, läuft die Blutgerinnung aufgrund des intakten zweiten X-Chromosoms normal ab. Weibliche Hämophile stellen eine Seltenheit dar, weil bei ihnen Defekte an beiden Genen auftreten müssten. Da Männer kein zweites X-Chromosom besitzen, führt der Fehler im Gerinnungsfaktor zwangsläufig zur Hämophilie.
Erworbene Hämophilie
Neben der erblichen Form der Bluterkrankheit existiert die erworbene Hämophilie. Bei dieser handelt es sich um eine seltene Gerinnungsstörung des Blutes, bei der es plötzlich zu einer ausgeprägten Blutungsneigung kommt. Diese kann lebensbedrohlich sein. Zuvor wiesen die Patienten keine Auffälligkeiten auf.
Zu welchen Beschwerden führt die Bluterkrankheit?
Die Symptome der Hämophilie unterscheiden sich abhängig vom Schweregrad der Erkrankung. Dieser entscheidet über die Ausprägung der hämorrhagischen Diathese. Die Bluterkrankheit tritt in drei Schweregraden auf.
Leichte Hämophilie
Personen, die an einer leichten Form leiden, bemerken im Alltag wenige bis keine Beschwerden. Bei ihnen fällt die gesundheitliche Komplikation im Jugend- oder Erwachsenenalter auf. Beispielsweise hält bei ihnen eine Blutung nach einer Verletzung oder einem operativen Eingriff länger an als bei gesunden Menschen.
Mittelschwere Hämophilie
Bei einer mittelschweren Ausprägung kommt es bei den Betroffenen gelegentlich zu lang andauernden Hämorrhagien. Diese treten in der Mehrzahl der Fälle als Folge von Verletzungen auf. Seltener entstehen spontane Blutungen ohne ersichtlichen Anlass.
Schwere Hämophilie
Anders verhält es sich bei Patienten mit einer schweren Hämophilie. Bei ihnen zeigen sich verstärkt innere Blutungen, die teilweise Schmerzen verursachen. Ohne Auslöser entstehen die Hämorrhagien typischerweise in:
- Ellbogen,
- Hand- oder Schultergelenk,
- Hüftgelenk,
- Knie- oder Sprunggelenk.
Des Weiteren zeigen sich die Arm- und Beinmuskeln von Spontanblutungen betroffen. Als gefährlich erweisen sich plötzliche Einblutungen im Bauch- und Rachenraum sowie im Gehirn. So kann eine Hirnblutung beispielsweise einen Schlaganfall nach sich ziehen. Die schwere Hämophilie erkennen die Ärzte bei den Betroffenen bereits im Säuglingsalter. Die Kinder bekommen leicht blaue Flecken. Fachleute bezeichnen sie als Hämatome. Beginnen die Kleinkinder mit dem Laufen, belasten sie verstärkt die Gelenke sowie die Muskulatur. In dessen Folge treten hier erste Hämorrhagien auf.
Vorrangig die Gelenkblutungen sind schmerzhaft. Im Rahmen der Komplikation schwillt das Gelenk an. In Bewegung treten druckartige bis pulsierende Schmerzen auf. Entzündungen drohen.
Diagnose der Hämophilie
Leiden Patienten unter einer Form der Hämophilie, stellen die Ärzte aufgrund der vorliegenden Symptome sowie der Krankengeschichte zunächst eine Verdachtsdiagnose. Liegen in der Familie des Betroffenen Fälle der Bluterkrankheit vor, bestätigt das die Diagnose. Um diese abzusichern, kontrollieren die Mediziner die Gelenke der Erkrankten. Zeigen sich diese geschwollen, weist dies auf eine Blutung hin. Eine eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit gibt Aufschluss über Folgeschäden wiederholter Hämorrhagien. Weitere Anzeichen, die auf eine Hämophilie hindeuten, bestehen in Taubheitsgefühlen in bestimmten Hautarealen sowie einer verringerten Muskelkraft. Beide Symptome entstehen durch auf die Nerven drückende Blutungen.
Zur Diagnose der Hämophilie kommen Gerinnungstests infrage. Der Arzt nimmt den Patienten Blut ab. Er prüft im Labor, ob eine verzögerte Gerinnungszeit vorliegt. Liegt die Bluterkrankheit vor, zeigt sich im Blut Betroffener eine geringere Konzentration der Gerinnungsfaktoren als bei gesunden Menschen.
Behandlung der Bluterkrankheit
Nach Bestätigung der Verdachtsdiagnose leiten die Mediziner die Behandlung ein. Beispielsweise ersetzen sie den fehlenden Gerinnungsfaktor im Organismus des Patienten mithilfe von Spritzen. Hierbei unterscheiden sich zwei Varianten. Bei der bedarfsorientierten Behandlung erhalten die Patienten den Gerinnungsfaktor vor einer geplanten Operation oder um eine Hämorrhagie zu stillen. Für Menschen mit einer schweren Form der Bluterkrankheit kommt eine prophylaktische Therapie infrage. Ihnen führen die Ärzte den fehlenden Gerinnungsfaktor regelmäßig – im Abstand von wenigen Tagen – durch eine Injektion in die Vene zu. Das geschieht, um die Blutungsneigung zu verringern. Nach ärztlicher Unterweisung und Übung gelingt es den Erkrankten, die Spitzen selbst zu setzen.
Patienten mit einer milden bis mäßigen Ausprägung der Hämophilie erhalten andere Präparate, um die Blutgerinnung zu stabilisieren. Beispielsweise führen sie ihrem Organismus über ein Nasenspray den Wirkstoff Desmopressin zu. Bei Bedarf erfolgt über zwei bis vier Tage im Abstand von zwölf Stunden ein Sprühstoß in jedes Nasenloch. Alternativ empfiehlt sich die Gabe von Antifibrinolytika wie Tranexamsäure. Diese verhindern eine zu schnelle Auflösung von Blutgerinnseln. Eine intramuskuläre Verabreichung gilt es aufgrund der erhöhten Blutungsgefahr zu vermeiden.
In manchen Fällen erfolgt die Therapie mit weiteren Wirkstoffen. Patienten mit starken Schmerzen erhalten schmerzstillende Mittel, die keinen Einfluss auf die Blutgerinnung nehmen. Zu ihnen zählt Ibuprofen. Medikamente mit Acetylsalicylsäure verstärken die Blutungsneigung. Sie sind für an Hämophilie erkrankte Menschen nicht geeignet.
Wie sieht die Prognose für Patienten mit Hämophilie aus?
Bei der Vielzahl der Patienten tritt die Hämophilie im Kindesalter auf. Individuelle Therapiemaßnahmen halten ihre Beschwerden auf einem geringen Level. Schlägt die Behandlung nicht an, verschlimmern sich die Symptome zum Teil sprunghaft. Bisher ist die Bluterkrankheit nicht heilbar. Mit einer konsequenten und erfolgreichen Krankheitsbehandlung haben die Patienten eine normale Lebenserwartung.
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