Der Graue Star, in der medizinischen Fachsprache auch Katarakt genannt, ist eine Erkrankung der Augen, bei der es zu einer Trübung der Augenlinse kommt. Dadurch wird die Sehfunktion des betroffenen Auges beeinträchtigt.
Was ist der Graue Star?
Beim Grauen Star kommt es zu einer Linsentrübung im Auge und damit zu einer Abnahme der Sehschärfe. Die Augenlinse befindet sich im Augapfel und ist normalerweise kristallklar. Sie ist für die Brechung des Lichts, das auf das Auge trifft, zuständig. Nur in gebündelter Form kann das Licht auf die Netzhaut übertragen werden, sodass die Projektion eines scharfen Bildes entsteht. Andernfalls bleibt das Bild unscharf oder erscheint verschwommen. Die Bezeichnung Grauer Star für die Katarakt stammt von der grauen Färbung, die hinter der Pupille durch die Linsentrübung erkennbar wird.
Prinzipiell kann eine Trübung der Augenlinse in jedem Lebensalter entstehen. Die häufigste Form der Katarakt ist jedoch der Altersstar, der vor allem ab dem 60. Lebensjahr auftritt. Die Linse verliert zunehmend ihre Elastizität und wird immer härter. In der Folge kommt es zu Eintrübungen. Aber auch bei Kindern, Jugendlichen und Säuglingen kann sich eine Katarakt entwickeln.
Fast die Hälfte aller Menschen zwischen 52 und 64 weisen Trübungen der Linse auf. Diese werden allerdings häufig nicht bemerkt. Weltweit basieren mehr als 40 Prozent aller ausgeprägten Sehminderungen auf einer Linsentrübung. In den Entwicklungsstaaten ist der Graue Star eine der häufigsten Ursachen für Blindheit. In Deutschland und anderen Industriestaaten wird die Augenerkrankung hingegen meist erfolgreich mit einer Operation behandelt. So werden in Deutschland jedes Jahr mehr als 500.000 Menschen mit Grauem Star operiert. Weltweit sind es jährlich rund 100 Millionen Menschen. Die Erfolgsquote ist gut: Bei 90 Prozent der Patienten lässt sich so eine Sehleistung komplett oder in Teilen wiederherstellen.
Grauer Star – Ursachen
In vielen Fällen ist die genaue Ursache unbekannt. In der Regel tritt der Graue Star erst im späteren Lebensalter auf. Er wird dann auch als Altersstar bezeichnet. Der Altersstar entwickelt sich üblicherweise langsam über mehrere Jahre, kann aber manchmal auch innerhalb weniger Monate entstehen. Vermutlich liegt dieser häufigsten Form des Grauen Stares eine erbliche Veranlagung zugrunde. Sowohl die Flexibilität als auch die Zusammensetzung der Flüssigkeit, die die Linse umgibt, verändern sich im Alter. Bei einer entsprechenden Veranlagung kann sich so unter dem Einfluss verschiedener Faktoren eine Linsentrübung ausbilden. Ein solcher Risikofaktor ist starke Kurzsichtigkeit. Menschen mit einer ausgeprägten Kurzsichtigkeit haben ein erhöhtes Risiko relativ frühzeitig einen Grauen Star zu entwickeln.
Der Graue Star kann aber auch angeboren sein. Weniger als ein Prozent der Neugeborenen leiden unter dieser Form der Katarakt. Hier kann zwischen zwei Formen unterschieden werden. Zum einen kann ein genetischer Defekt zu einer Augenfehlbildung und so zu einer Linsentrübung führen. Zum anderen kann eine Infektion der Mutter in der Schwangerschaft mit Röteln oder Herpes die sogenannte Cataracta congenita zur Folge haben.
Verschiedene äußere Einflüsse können die Entstehung einer Katarakt begünstigen. Dazu gehört zum Beispiel ionisierende Strahlung und hier insbesondere UV-Strahlung. Auch Rauchen und starker Alkoholkonsum können zu Linsentrübungen führen. Ebenso gibt es verschiedene Medikamente, die bei örtlicher oder innerlicher Anwendung eine Linsentrübung zur Folge haben können. Vor allem Kortison erhöht das Risiko für eine Katarakt.
Augenverletzungen wie beispielsweise offene Fremdkörperverletzungen oder Prellungen des Augapfels schädigen das Auge nicht nur auf direktem Wege, sondern können auch die Entwicklung eines Grauen Stars in Gang setzen. Ebenso kann eine Katarakt bei verschiedenen Augenerkrankungen auftreten. Dazu gehören neben dem Grünen Star (chronisches Glaukom) der akute Glaukomanfall und die altersbedingte Degeneration der Makula sowie Netzhautschädigungen.
Auch verschiedene andere Erkrankungen des Körpers können mit einer Katarakt einhergehen. So betrifft der Graue Star häufig Menschen mit der Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus. Diese Form wird als Cataracta diabetica bezeichnet. Ferner gehen anlagebedingte Hauterkrankungen wie die Neurodermitis mit einem erhöhten Risiko für Linsentrübungen einher.
Grauer Star – Symptome
Die Symptome der Trübung hängen sowohl von der genauen Lokalisation als auch von dem Stadium der Erkrankung ab.
Bei der beginnenden Linsentrübung (Cataracta incipiens) ist die Sehschärfe nur wenig beeinträchtigt. Im fortgeschrittenen Stadium der Linsentrübung (Cataracta provecta) schreitet der schmerzlose Verlust der Sehschärfe jedoch langsam fort. Den Betroffenen wird dies vor allem dann deutlich, wenn sich die Trübung im zentralen Bereich der Linse befindet. Es kommt zu einer zunehmenden Licht- und Blendungsempfindlichkeit, die durch die diffuse Lichtbrechung der Linse hervorgerufen wird.
Ein typisches Symptom des Grauen Stares ist auch das Verschwommensehen. Die Betroffenen können nur noch wenig Kontraste wahrnehmen. Die ganze Umwelt erscheint wie vernebelt. Einige Patienten sehen zudem Doppelbilder. Um Lichtquellen erscheinen Lichteffekte (Halos) oder Lichthöfe. Die Anpassung zwischen heller und dunkler Umgebung funktioniert nicht mehr so schnell und auch die Fähigkeit des räumlichen Sehens ist beeinträchtigt.
Bei der Kernkatarakt, einer zentralen Linsentrübung, kann sich die Sehfähigkeit im Nahbereich sogar temporär verbessern. Durch die Verdickung der Linse und die zunehmende Dichte des Linsenkernes verändert sich die Brechkraft der Augenlinse hin zu einer Kurzsichtigkeit. Allerdings geht diese kurzfristige Verbesserung der Nahsehkraft mit einer Verschlechterung der Fernsehkraft einher. Mit zunehmender Trübung der Linse nimmt der Visus schlussendlich in sämtlichen Entfernungen ab.
Im Spätstadium (Cataracta matura) ist die Linse komplett getrübt. Eine selbstständige Bewältigung des Alltags ist für die Betroffenen so kaum möglich. Zunächst wirkt die gesamte Umgebung als wäre sie hinter einer Milchglasscheibe, später kommt es fast zur Erblindung. Betrifft die Katarakt beide Augen zugleich, wird die Verschlechterung von vielen Patienten nicht richtig wahrgenommen. So fahren einige der Betroffenen noch Auto, obwohl sie für den Straßenverkehr längst untauglich sind. Nicht selten bemerken Angehörige und Freunde zuerst die Sehverschlechterung.
Eine Gefahr für die Augengesundheit ist der überreife Graue Star (Cataracta intumescens). Hier kommt es nicht nur zu einer Trübung, sondern auch zu einer Aufquellung der Linse. Durch die Verflüssigung vergrößert sich diese zunehmend. Ohne sofortige Operation besteht die Gefahr eines akuten Glaukoms.
Grauer Star – Therapie
Therapiemethode der Wahl ist die Kataraktoperation. In Deutschland gehört das Verfahren, bei dem die getrübte Linse durch ein Implantat ersetzt wird, zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen.
Während früher nur bei starkem Visusverlust operiert wurde, sind heute auch eine erhöhte Blendungsempfindlichkeit sowie ein schlechtes Dämmerungssehen ausreichende Indikationen für eine Operation. Ein Verzicht auf die Kataraktoperation hat zudem scheinbar nicht nur eine verringerte Lebensqualität zur Folge, sondern auch eine erhöhte Sterblichkeit. Vermutlich liegt diesem Phänomen ein vermehrtes Risikoverhalten der Patienten zugrunde. Auch Autounfälle, Fehler bei der Arzneimitteleinnahme oder schwere Stürze infolge des Sehkraftverlustes könnten für die erhöhte Letalität verantwortlich sein.
In den meisten Fällen kann der chirurgische Eingriff unter örtlicher Betäubung durchgeführt werden. Dabei injiziert der Anästhesist das Betäubungsmittel neben oder hinter den Augapfel. So ist das Auge schmerzfrei und kann nicht mehr aktiv durch den Patienten bewegt werden. Alternativ ist auch eine Betäubung mittels Tropfenanästhesie möglich. Auch hier kann eine totale Schmerzfreiheit erreicht werden. Allerdings kann der Patient das Auge noch bewegen und muss deshalb in der Lage sein, während der gesamten Operationsdauer ruhig in eine Richtung zu schauen. Deshalb ist dieses Verfahren insbesondere bei nervösen oder ängstlichen Patienten nicht geeignet. Eine Operation des Grauen Stars unter Vollnarkose ist nur selten, beispielsweise bei Patienten mit der Parkinsonschen Erkrankung, erforderlich.
Während der Operation wird das vordere Blatt der Linse mittels Ultraschall kreisrund eröffnet und abgesaugt. Anschließend setzt der Augenchirurg in den entstehenden leeren Sack eine künstliche Linse ein. Diese besteht üblicherweise aus Silikon oder Acrylkunststoffen. Da die Linse aus elastischem Material besteht, kann sie in gerolltem Zustand eingesetzt werden. Sie entfaltet sich dann im Kapselsack und zentriert und fixiert sich mittels zweier Bügel von selbst im Auge. So ist nur noch ein etwa 2,5 bis 3 Millimeter großer Schnitt am Hornhautrand erforderlich. Früher wurde am äußeren Rand der Hornhaut ein langer Einschnitt gemacht, durch den die gesamte Linse in entfaltetem Zustand eingesetzt wurde.
Nach einem komplikationslosen Einsatz können die Patienten den Augenverband oft schon am nächsten Tag für einen kurzen Zeitraum abnehmen. Ein Großteil der Patienten sieht nach der Operation deutlich besser als vorher. Die Komplikationsrate ist bei Kataraktoperationen recht gering. In seltenen Fällen ist jedoch eine Erblindung möglich. Auch Infektionen im Augeninneren oder ein Glaskörpervorfall mit späterer Sehverschlechterung gehören zu den möglichen Komplikationen. Früher kam es als Folge der Operation häufig zu einer Trübung der Linsenkapsel mit einer Verschlechterung der Sehkraft. Dieser Nachstar (Cataracta secundaria) tritt heute dank moderner Linsen und Operationstechniken nur noch in weniger als vier Prozent der Fälle auf.
Grauer Star – Vorbeugung
Der Erkrankung lässt sich nicht sicher vorbeugen. Allerdings gibt es verschiedene Faktoren, die die Entstehung der Katarakt begünstigen können. Dazu gehören zum Beispiel Verletzungen der Augen und UV-Strahlung. Arbeitsbrillen und Sonnenbrillen können somit einem Grauen Star entgegenwirken. Auch der Verzicht auf Zigaretten kann das Kataraktrisiko senken. Wer 15 oder mehr Zigaretten pro Tag raucht, hat ein 40 Prozent höheres Erkrankungsrisiko als ein Nichtraucher. Nach dem Zigarettenverzicht reduziert sich das Risiko allerdings nur langsam. Die beste Vorbeugung ist also, erst gar nicht mit dem Rauchen anzufangen.
Da eine Röteln-Infektion bei Schwangeren eine Katarakt beim Ungeborenen zur Folge haben kann, ist ein ausreichender Impfschutz vor Röteln in der Schwangerschaft besonders wichtig. Deshalb wird bei Schwangeren routinemäßig ein Test durchgeführt, bei dem der Antikörpertiter gegen das Rötelnvirus im Blut bestimmt wird. Bei Bedarf kann dann nachgeimpft werden.
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